Wissensreihe mit Soudal-Anwendungstechniker Sebastian Liemen
Im Dachbereich können schon kleine Mängel große Auswirkungen haben – von Verzögerungen im Bauprozess bis hin zu schwerwiegenden Gebäudeschäden. Dachprofi Sebastian Liemen, Anwendungstechniker Dach und Fassade bei Soudal, Europas führender unabhängigem Produzent von Kleb- und Dichtstoffen sowie PU-Schäumen, kennt die größten Stolperfallen. Ob Flach- oder Steildach: In unserer Dach-Fachzeitung-Serie gibt Sebastian Liemen eine Reihe von Praxis-Tipps, mit denen typische Fehler frühzeitig vermieden werden können.

Sebastian Liemen (46), gelernter Dachdecker, hat 25 Jahre Berufserfahrung auf dem Dach und verfügt über umfassende Fachkenntnisse in den Bereichen Flach- und Steildach. Der staatlich geprüfte Bautechniker (Hochbau) ist seit 2023 als Anwendungstechniker Dach und Fassade bei Soudal tätig.
Fehler 1: Bei der Fixierung von Wärmedämmplatten wird die Dämmung häufig betreten, bevor der Klebeschaum ausgehärtet ist.
Wenn man Dämmplatten aus EPS, PU- oder Polystyrol-Hartschaum betritt, bevor der PU-Schaum vollständig ausgehärtet ist, kann der noch weiche Schaum durch die Belastung kollabieren. Dadurch verliert er an Klebkraft und Tragfähigkeit, was zu einer unzureichenden Haftung der Dämmplatten und möglichen Schäden an der Dachkonstruktion führen kann.
Die Lösung: Die vom Hersteller angegebene Aushärtungszeit sollte immer eingehalten werden. Nur so kann eine stabile Zellstruktur und optimale Klebkraft gewährleistet werden. Wie lange der Schaum zum Aushärten braucht, hängt vom Produkt, der Umgebungstemperatur und der Luftfeuchtigkeit ab – ein Blick ins technische Merkblatt gibt hier Orientierung. Ein Beispiel: Unter optimalen Bedingungen (20°C, 50 % relative Luftfeuchtigkeit) sind Soudatherm Roof 250 und Soudatherm Roof 330 nach 45 Minuten belastbar. Zusätzlich sollten Dachdecker darauf achten, dass bei kalten oder feuchten Witterungsbedingungen die Aushärtung länger dauern kann. Ein Tipp: Mit einer einfachen Druckprobe an einem überschüssigen Schaumrest lässt sich prüfen, ob der Schaum ausreichend ausgehärtet ist. Erst dann darf die Dämmung betreten werden.

Fehler 2: Im Winter PU-Gebinde mit starker Hitze aufwärmen.
Kalte Kartuschen sollten niemals stark erhitzt werden. Wird eine kalte Dose zu schnell – etwa mit einem Brenner oder einer anderen Hitzequelle – erwärmt, erhöht sich der Druck in der Dose durch das Treibmittel. Es kann im schlimmsten Fall zur Explosion kommen.
Die Lösung: PU-Schaum lässt sich bei niedrigen Temperaturen tatsächlich schlechter verarbeiten. PU-Kartuschen sollten stets bei moderaten Temperaturen gelagert werden, d.h. bei Hitze und Frost keinesfalls im Auto! Es empfiehlt sich eine Aufbewahrung bei konstanten Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad, wie in den technischen Datenblättern von Soudal angegeben. PU-Schaumdosen müssen nicht nur vor großer Kälte, sondern auch vor direkter Sonneneinstrahlung und Temperaturen über +30°C geschützt werden, da sich sonst das Druckgas zu stark ausdehnt und die Dose platzen kann. Wer auf eine sachgemäße Lagerung achtet, bewahrt nicht nur die Qualität und Funktionstüchtigkeit des Produkts, sondern sorgt auch für seine eigene Sicherheit.

Fehler 3: Gelegentlich werden Dachflächen vor dem Auftragen von PU-Schaum getrocknet, in der irrtümlichen Annahme, dies würde die Haftung verbessern.
Feuchte Dachflächen vor dem Auftragen von PU-Schaum zu trocknen, ist kontraproduktiv: Einkomponenten-PU-Klebeschaum benötigt Feuchtigkeit zum Aushärten. Ist die Oberfläche zu trocken, kann sich der Aushärtungsprozess verlangsamen, und der Schaum trocknet unter Umständen ungleichmäßiger aus. Da Schaum grundsätzlich von außen nach innen aushärtet, kann sich bei trockenen Bedingungen eine feste Außenhaut bilden, während der Kern weich bleibt – das mindert sowohl die Stabilität als auch die Klebkraft.
Die Lösung: Um eine optimale Aushärtung und Haftung von PU-Schaum zu gewährleisten, sollten der Untergrund und der frisch aufgetragene Schaum leicht mit Wasser angefeuchtet werden. Dies verbessert die Zellstruktur und Haftung, sorgt für schnellere Aushärtungszeiten und eine bessere Schaumstruktur.

Fehler 4: Bei der Verklebung von Dämmstoffen auf Flachdächern wird PU-Klebstoff oftmals in schlangenförmigem Muster aufgetragen.
Das Auftragen von PU-Klebstoff Schlangenform ist aus mehreren Gründen falsch:
1) Nach den Flachdachregeln ist ausschließlich der Auftrag in Streifen zulässig. Formen wie Schlaufen oder Kreise entsprechen nicht den Vorgaben.
2) Ein schlangenförmiger Auftrag führt zu unnötigem Materialverbrauch und einem ineffizienten Einsatz von Klebstoff.
3) Die Materialberechnung und -planung basiert auf Streifen. Wird davon abgewichen, steigt der Klebstoffverbrauch – mit der Folge, dass das Material nicht bis zum Schluss reicht. Am Ende werden zu wenige Streifen aufgebracht werden, was die Windsogsicherung gefährdet.
Die Lösung: Die Verklebung sollte in Übereinstimmung mit der Flachdachrichtlinie erfolgen, die den streifenweisen Auftrag des Klebstoffs zur Befestigung von Dämmstoffen vorschreibt. Nur so lässt sich die erforderliche Windsogsicherung sicherstellen. Die konsequente Einhaltung der Streifenform ist dabei entscheidend für die korrekte Ausführung, Sicherheit und Effizienz bei der Verklebung von Flachdachdämmungen.

Fehler 5: PU-Verklebung von Dämmstoffen bieten Vorteile im Vergleich zur Schraubtechnik: Bei extrem trockenem Wetter wird allerdings oft vergessen, den Untergrund zu befeuchten.
Einkomponentiger PU-Schaum reagiert mit Feuchtigkeit, um auszuhärten. Bei zu trockenen Bedingungen härtet der Schaum ungleichmäßig – das kann zu Lücken oder unebenen Oberflächen führen. Darüber hinaus kann der Schaum spröde und brüchig werden. Wird er zu früh belastet, kann er kollabieren – beides beeinträchtigt seine Haftung und Dichtungseigenschaften.
Die Lösung: Den Untergrund sollte man vor dem Auftrag mit einer feinen Wasserschicht besprühen – es sei denn, die Luftfeuchtigkeit ist wetterbedingt ohnehin schon hoch. Nur bei ausreichender Feuchtigkeit kann der PU-Schaum langfristig und zuverlässig haften. Wichtig ist gemäßigtes Befeuchten, da eine übermäßige Befeuchtung die Wirksamkeit des Klebstoffs beeinträchtigen kann. Eine Ausnahme bildet der 2K-Schaum – dieser härtet auch ohne zusätzliche Feuchtigkeit aus.

Fehler 6: Oft wird vergessen, die PU-Pistole zu reinigen
Ein weit verbreitetes Versäumnis beim Arbeiten mit PU-Schaum ist, beim Wechsel der Kartusche die Dosenaufnahme an der Pistole nicht zu reinigen. Da PU-Schaum ein feuchtigkeitshärtendes Produkt ist – sobald Luftfeuchtigkeit an Rückstände gelangt, härtet der Schaum aus. Ohne Reinigung bleiben Schaumreste im Gewinde und härten dort aus. Beim Aufschrauben einer neuen Dose kann das Gewinde nicht mehr richtig greifen, die Pistole wird unbrauchbar, muss ersetzt werden.
Die Lösung: Wenn eine Kartusche leer ist, sollte die Pistole abgeschraubt und der Aufsatz maßvoll gereinigt werden. Das gilt nicht für das Innenleben! Die Dosenaufnahme lässt sich gut mit einem acetonbasierten Reiniger wie unserem Soudal Gun & Foam Cleaner säubern. Dabei sprüht man eine kleine Menge in die Aufnahme und lässt diese einwirken. Das Mittel darf nicht ausgewischt werden – denn Aceton löst die Rückstände von selbst auf. Noch ein Hinweis: Nach Gebrauch muss die Pistole immer gut zugedreht werden, damit das System geschlossen bleibt. So gelangt keine Feuchtigkeit hinein und die Pistole bleibt länger einsatzbereit.
Einen weiteren Fehler, den ich oft sehe, ist, die Pistole mit Reinigungsmittel zu „fluten“. Vorsicht, zu viel Aceton kann die Teflonbeschichtung im Inneren angreifen. Die Folge: Kleine Schaumreste könnten sich absetzen und die Funktion der Pistole beeinträchtigen. Daher sollte die Reinigung gezielt und sparsam erfolgen.

Fehler 7: Oftmals werden Kappleisten auf feuchtem Mauerwerk mit Silikon versiegelt.
Auf kalten, metallischen Oberflächen bildet sich schnell Kondensat, das sich in Kappleisten und im Mauerwerk absetzt. Dieses Kondensat verhindert, dass Silikon richtig haftet, da Silikon generell nicht gut auf Feuchtigkeit hält. Die Fuge sieht zwar optisch dicht aus, ist aber dennoch durchlässig für Wasser – Schäden können entstehen. Auch das bloße Abtrocknen der Kappleisten bringt wenig, da Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk nachzieht.
Die Lösung: Anstelle eines Silikons sollte ein Kleb- und Dichtstoff auf Hybridpolymerbasis wie Soudaseal Roof verwendet werden. Dieser haftet auch auf feuchten Oberflächen. Bei dem hochwertigen, neutralen, elastischem einkomponentigen Fugen- und Klebdichtstoff auf SMX-Polymerbasis handelt sich um ein feuchtigkeitshärtendes Produkt, das mit vorhandener Feuchtigkeit gut zurechtkommt. Er ist gebrauchsfertig und leicht zu verarbeiten.

Fehler 8: Bei der PU-Verklebung von Dämmstoffen wird oft die Temperatur nicht beachtet.
Wenn es bei der Verarbeitung von Polyurethan-Schaum unter 5°C kalt ist, verlangsamt sich die Aushärtung des Schaums deutlich. Das beeinflusst die Zellstruktur und kann zu sprödem und brüchigem Material führen. Eine unsachgemäße Verklebung bei ungeeigneten Temperaturen kann zu ärgerlichen und kostenintensiven Reklamationen führen.
Die Lösung: Bei der Verarbeitung von PU-Klebeschäumen sollte unbedingt auf die richtige Temperatur geachtet werden. Im Normalfall sind Temperaturen zwischen +5°C und +25°C unbedenklich. Zur Sicherheit sollten jedoch immer die Angaben zur Verarbeitungstemperatur im technischen Merkblatt beachtet werden. Nur wenn diese eingehalten werden, ist eine zuverlässige Verklebung garantiert. Ein wichtiger Hinweis: Auch wenn die Lufttemperatur während der Verarbeitung über 5°C liegt, können Bauteile über Nacht hinweg deutlich abgekühlt sein, was sich negativ auf die Materialien und die Verklebung auswirken kann.
Fehler 9: Immer wieder wird Silikon fälschlicherweise als Klebstoff verwendet, z.B. beim Verbinden von Dachrinnenanschlüssen.
Beim Verbinden von Dachrinnen reicht Silikon allein nicht aus, um stabile Verbindungen zu gewährleisten. Obwohl Silikon klebende Eigenschaften hat, ist es in erster Linie ein Dichtstoff. Silikone haben nur eine begrenzte Klebkraft, sie können sich auch wieder lösen – insbesondere unter äußeren Einwirkungen. Darüber hinaus halten sie Dehnungen und Bewegungen nicht so gut stand wie echte Klebstoffe. Bei Materialien wie Metall besteht außerdem die Gefahr eines Adhäsionsbruchs.
Die Lösung: Hier sind Hybridpolymere das Mittel der Wahl. Aufgrund ihrer stärkeren Klebekraft und ihrer UV- sowie Witterungsbeständigkeit eignen sie sich für verschiedene Anwendungen, besonders auch für den Einsatz an Dachrinnen. Sie sind echte Allrounder und lassen sich durch ihre hohe Flexibilität sowohl zum Kleben als auch zum Abdichten verwenden. So können mit Soudaseal Roof verschiedene Arbeiten zuverlässig ausgeführt werden.

Fehler 10: Unfallverhütung? Oft Fehlanzeige – meist regiert der Leichtsinn.
Gerade bei vertrauten Tätigkeiten schleicht sich schnell Nachlässigkeit ein – sei es aus Selbstüberschätzung, Zeitdruck oder zu viel Routine. Doch wer grundlegende Sicherheitsmaßnahmen ignoriert, riskiert schwerwiegende Unfälle. Typische Gefahrenquellen sind:
1) Ungesicherte Leitern: Sie können leicht wegrutschen und zu schweren Stürzen führen.
2) Arbeiten ohne Gerüst: Besonders bei der Montage von Dachrinnen oder anderen hochgelegenen Bauteilen steigt das Absturzrisiko deutlich.
3) Fehlende persönliche Schutzausrüstung: Wer ohne Helm, Handschuhe oder Sicherung arbeitet, setzt sich unnötig der Gefahr von Verletzungen aus.
Die Lösung: Um Unfälle zu vermeiden, sollten Leitern grundsätzlich gesichert werden – entweder durch geeignete Halterungen oder eine helfende Hand. Bei Arbeiten in der Höhe, etwa an Dachrinnen, ist die Nutzung von passenden Gerüsten oder Arbeitsbühnen unerlässlich. Persönliche Schutzausrüstung (PSA) wie Sicherheitsgurte, Arbeitshandschuhe, Schutzbrille und rutschfeste Sicherheitsschuhe (S3-Schuhe bieten Schutz vor Nageldurchtritt) sollten konsequent verwendet werden – insbesondere bei Tätigkeiten am Dach. Wer sich bereits vor Arbeitsbeginn mit möglichen Gefahren auseinandersetzt und vorausschauend plant, vermeidet nicht nur Verletzungen, sondern erhöht auch die Effizienz auf der Baustelle. Unachtsamkeit darf keine Gewohnheit werden und Sicherheit sollte immer an erster Stelle stehen. Aus eigener Erfahrung kann ich nur betonen, wie wichtig die Sicherung einer Leiter ist. Ich hatte oft Glück, doch ein Mal eben nicht. Seit meinem Leiterunfall kann ich meinen Beruf als Dachdecker nicht mehr ausüben. Lassen Sie Unvorsichtigkeit nicht zur Gewohnheit werden. Machen Sie sich stattdessen potenzielle Gefahren bewusst und handeln Sie stets vorausschauend.


